#bayernkreativPORTRAIT: Die Handlettering-Künstlerin Hannah Rabenstein erzählt uns unter anderem vom magischen „Klick“ im Jahr 2008, der ihre Liebe zu Buchstaben entfachte und von ihren vielfältigen kreativen Projekten in der fränkischen Metropolregion Nürnberg. Nach ihrem Design-Studium wagte Hannah den mutigen Schritt in die Selbstständigkeit und verschönert seitdem die Welt mit ihren schmucken Buchstaben. Ob auf Menütafeln, Autos, Schuhen oder Tram-Bahnen – Hannah verleiht jedem Projekt eine einzigartige Note. Die Zukunft? Hannah hofft auf anhaltende Begeisterung für Buchstaben und Schrift und teilt mit uns ihre beruflichen Ziele und Träume – lass dich inspirieren! Jetzt nachlesen:

Ich denke, die Kunst liegt darin, immer mit offenen Augen durch die Welt zu gehen. Sich und sein Talent immer weiter zu entwickeln, sich selbst herauszufordern, Komfortzonen zu verlassen und neugierig zu bleiben.  

Hannah Rabenstein

Hannah rabenstein

Foto: Hannah Rabenstein

Liebe Hannah, du bist Handlettering-Künstlerin aus Nürnberg. Erzähl doch mal, wie kam es dazu? 

Die Kunst der schönen Buchstaben hat mich schon immer fasziniert, jedoch habe ich lange nicht gedacht, dass ich ein Händchen dafür haben könnte. Bis zu meinem ganz persönlichen Schlüsselmoment, circa 2008, als ich zum ersten Mal so richtig selber mit Kalligrafie in Kontakt gekommen bin. Es hat schlichtweg „klick“ gemacht und ich dachte: Himmel, wie schön sind Buchstaben eigentlich?! Dann war es quasi um mich geschehen: Zeichnen und Malen hab ich links liegen lassen und mich gänzlich unseren 26 Glyphen verschrieben. Nach meinem Design-Studium an der TH Nürnberg, mit Schwerpunkt Typografie, habe ich den Sprung in die Selbstständigkeit gewagt und bin das nun mittlerweile bald zehn Jahre – und könnte glücklicher nicht sein, dass ich mein Leben und mein Umfeld mit schmucken Buchstaben gestalten kann. Die Faszination & Liebe zum Beruf gemacht – mag abgedroschen klingen, passt aber perfekt!  

Du gestaltest Wandflächen, Schaufenster, Tafeln für Gastronomie, Hotellerie, Einzelhandel aber auch Objekte mit deiner Handschrift und deinen dekorativen Botschaften. Wie gehst du beim Arbeiten vor und wie kann man sich deinen Arbeitsalltag vorstellen? 

Wie das so ist bei Selbstständigen: jeder Tag ist anders, Fluch und Segen zugleich. Manchmal muss man nachts ran, aber das macht mir als Nachteule nicht viel aus. Am liebsten sind mir erste Termine & Besichtigungen vor Ort. Ich lerne unheimlich gerne die Menschen dahinter kennen, schätze den ersten Austausch und die Gespräche – in denen ich oft schnell ein erstes Bild vor meinem geistigen Auge entwickeln kann. Ich fasse beispielsweise die Wände an, die ich gestalten soll, verschaffe mir einen Überblick über die Gegebenheiten, Oberflächen und den Raum an sich. Welche Technik kann ich anwenden, welche Farben machen Sinn oder sind gewünscht, wie fügt sich mein Design in die Umgebung ein? Meist mache ich mir dann Fotos, die ich anschließend direkt auf dem Tablet für meine Entwürfe bearbeite und das Ganze somit easy visualisieren kann. Diese Tools sparen Zeit in der Entwurfsphase – und die Kundinnen und Kunden können sich das spätere Ergebnis perfekt vorstellen. Dann packe ich auch schon meine sieben Sachen und bin – natürlich je nach Projekt – direkt vor Ort und werkele. Andernfalls haben wir das Glück ein großes Atelier im Nürnberger Norden zu haben, in dem ich mich (beispielsweise für Tafelgestaltungen o. ä.) ausbreiten und arbeiten kann.  

Als selbständige Designerin und Schriftkünstlerin arbeitest du seit 2014 und hast in der fränkischen Metropolregion unzählige Objekte für zahlreiche namhafte Auftraggebende gestaltet. Was war dein persönliches Schaffens-Highlight?  

Oh, das persönliche Highlight war sogar im vergangenen Jahr: im Sommer 2023, als wir am Plärrer eine Tram-Bahn und einen Gelenkbus eingeweiht haben, die ich gemeinsam mit der VAG und der N-ERGIE gestaltet habe. Das war so ein irrer schöner Moment: du hast wochenlang dein Design nur 2D auf Bildschirmen gesehen und auf einmal fahren die beiden Fahrzeuge (endlich) an dir vorbei. Das war wirklich toll und ich bin so glücklich, dass ich unser Nürnberg dadurch wieder ein bisschen bunter machen konnte – und wir gleichzeitig so enorm wichtige Werte damit transportieren und darauf aufmerksam machen: Vielfalt, Respekt, Gleichberechtigung. Das ist ein, im wahrsten Sinne, großes Beispiel. Alles in allem freue ich mich jedes Mal, wenn ich mehr Farbe und eine gute, wichtige und anregende Message mit meiner Schriftkunst in den öffentlichen Raum bringen kann.  

Wie schätzt du als etablierte und erfolgreiche Künstlerin in deiner Branche die Wertschätzung der Gesellschaft für Kunstformen wie deine gegenwärtig ein? 

Als ich 2014 beschlossen hatte, mich selbstständig zu machen, habe ich die Welle ziemlich perfekt erwischt: wir alle waren irgendwie „digital übersättigt“; es fand also eine DIY-Gegenbewegung zu all den Bildschirmen und Tastaturen statt. Gut für mich: der Fokus auf das Handwerk, auf das Handgemachte wurde neu ausgerichtet und die Menschen haben wieder ein Auge, ein Gespür und folglich eine Wertschätzung dafür entwickelt. Letzteres ist bei meiner Arbeit unheimlich groß: gerade das Schreiben von Hand blieb sehr lange auf der Strecke. Oft kommen (ältere) Leute auf mich zu, bewundern meine Arbeit und erzählen mir, dass sie selber mal Schriftenmalerin und Schriftenmaler gelernt haben. Das berührt und motiviert mich. Als Künstlerin schaffst du jedes Mal aufs Neue ein Unikat – und das ist mit das Schönste an meinem Beruf. Verbunden mit der Freude bei Passanten oder Kunden ist das ein echter Jackpot. Für die Zukunft kommt der Optimist in mir durch: Buchstaben und Schrift werden wir meiner Meinung nach immer brauchen. Sie ist und bleibt omnipräsent. Ob das Handwerk in 20 Jahren noch so angesagt oder gefragt ist, lässt sich schwer sagen (Hallo, KI!), aber ich hoffe es natürlich! Ich denke, die Kunst liegt darin, immer mit offenen Augen durch die Welt zu gehen. Sich und sein Talent immer weiter zu entwickeln, sich selbst herauszufordern, Komfortzonen zu verlassen und neugierig zu bleiben.  

Hast du für die Zukunft noch ein berufliches Ziel, einen Traum, den du gerne erreichen möchtest? 

Da wären wir wieder bei „think big“: mein ganz großer Traum war es lange Zeit einen Heißluftballon oder gar ein Flugzeug zu gestalten. Andererseits dachte ich mir im Sommer dieses Jahres dann: so eine Tram-Bahn und einen Bus sieht man eh viel besser auf dem Boden! Gerne würde ich auch in unserer Wahlheimat Portugal noch mehr (kreativen) Fuß fassen, um auch dort zu arbeiten und meine Kunst weiter zu entwickeln. Wir sind mittlerweile schon gut vernetzt, auf längere Sicht ist das ein sehr schöner Gedanke. Was ich mir für für die nähere Zukunft vornehmen möchte: wieder Schlagzeug zu spielen, mein Portugiesisch zu vertiefen und auch wieder mehr freien Kram zu machen, d. h. für mich selbst kreativ zu sein und nicht „nur“ zu arbeiten. Vielleicht auch wieder eine neue Technik zu erlernen – das bleibt manchmal ein wenig auf der Strecke. Ansonsten bin ich sehr zufrieden, jedes neue Projekt ist an sich eine Herausforderung – auch an mich selbst – und so wird es nie langweilig. Das darf gerne so weitergehen!

Die bayerische Kultur- und Kreativwirtschaft ist vital, kooperativ, vielstimmig und zukunftsrelevant. Wir stellen dir bayerische Akteurinnen und Akteure vor. Wie gestaltet sich deren Geschäftsmodell? Was treibt sie an?

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