Vom 6. bis 10. September 2023 war Linz, Österreich, erneut Gastgeber für die Ars Electronica, ein bedeutendes Treffen von Künstlerinnen und Künstlern, Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern, Entwicklerinnen und Entwicklern, Designerinnen und Designern, Unternehmerinnen und Unternehmern und Aktivistinnen und Aktivisten aus der ganzen Welt. Die zentrale Frage, die Europas größtes Festival für Kunst, Technologie und Gesellschaft aufgriff, lautete: „Who Owns the Truth? – Wem gehört die Wahrheit?“. Dieses wichtige Event fand in der legendären POSTCITY statt, die bereits von 2015 bis 2019 Austragungsort des Festivals war.

Auch bayernkreativ hatte das Privileg, das diesjährige Medienkunstfestival „Ars Electronica“ vor Ort zu erleben. In verschiedenen thematischen Ausstellungen wurden unter dem Aspekt „Who Owns the Truth?“ drängende Probleme wie Naturzerstörung, Artensterben und die Auswirkungen der Klimaerwärmung behandelt. Dabei wurden nicht nur scheinbare Fakten in Frage gestellt, sondern auch unsere etablierten Narrative herausgefordert. Die Ausstellung präsentierte Werke, die unbequeme Wahrheiten aufdeckten und dazu anregten, die Konzeption von Wahrheit in unserer modernen Welt zu überdenken.

In einer Ära, in der Deep Fakes oft nur schwer von Originalen zu unterscheiden sind, stellt sich die grundlegende Frage: Was ist überhaupt Wahrheit? Wer definiert und besitzt die Wahrheit, und wer nicht? Welchen Datenquellen können wir vertrauen? Die Ars Electronica beleuchtete den Begriff Wahrheit aus unterschiedlichen Blickwinkeln und konfrontierte die Besucher mit ihren eventuell eurozentristischen Denkmustern sowie den Gefahren von Fehlinformationen, die durch Algorithmen verbreitet werden.

Denn die Wahrheit ist, dass mehr als 2.000 afrikanische Untersprachen in maschinellen Übersetzungs- und Kommunikationsprogrammen unterrepräsentiert sind (Projekt: Organisation Masakhane). Die Wahrheit ist auch, dass KI-Algorithmen nach unzähligen Möglichkeiten suchen, unser Leben scheinbar zu optimieren, dabei jedoch nur ergebnisorientiert vorgehen, ohne dabei Lebensrealitäten angemessen zu berücksichtigen (Delivery Dancer’s Sphere, Ayoung Kim). Und die Wahrheit ist auch, dass Datenbroker all unsere Aktivitäten im Netz scannen und aus unseren Erfahrungen, die wir vermeintlich im privaten Raum sammeln Waren macht (FANGØ a Facebook, Amazon, Netflix and Google Obfuscator, Martin Nadal).

Zu den Highlights der diesjährigen Ars Electronica zählten neben der Ausstellung der Launch der Next Renaissance Initiative, ein Flagship Programm des EIT Culture & Creativity und die Creative Europe geförderte Projektkonferenz More than Planet. Zu nennen ist hier aber auch das Founding Lab des Institute of Digital Science Austria (IDSA), das in Linz neu gegründet wurde und künftig Digitalisierungsexpertinnen und -experten ausbilden soll.  

Unsere Erfahrung vor Ort verdeutlichte die Notwendigkeit, kritisch über die Konzepte von Wahrheit, Technologie und Innovation in der heutigen Welt nachzudenken und wie diese Aspekte die Kultur- und Kreativwirtschaft beeinflussen können.