Eine beeindruckende Anlage mit beeindruckenden Zahlen: Das Gaswerk Augsburg erhielt in diesem Jahr den Staatspreis für bayerische Kreativorte – genauer den Sonderpreis für kommunales Engagement. Mehr und mehr Kultur- und Kreativschaffende aus ganz Deutschland nehmen das 70.000 Quadratmeter große Gelände wahr. Wie es nach der Auszeichnung im Juli weitergeht? Da kennt Nihat Anac, Geschäftsbereichsleiter „Kreativwerk“ der Stadtwerke Augsburg nur eine Richtung. Nach vorne.
Wir fühlen uns bestätigt. Dass es der richtige Weg ist, dass wir nicht aufhören sollen, weiter in diese Richtung zu denken.
Nihat Anac, Geschäftsbereichsleiter swa KreativWerk GmbH
Die Auszeichnung mit dem Sonderpreis beim Staatspreis für bayerische Kreativorte sorgte vor allem dafür, dass das Gaswerk überregional Beachtung fand. In einer neuen Serie der Süddeutschen Zeitung zu Kreativquartieren bekam das Areal ein eigenes Porträt; wird als „angesagter Kunstraum“ beschrieben. Der Text zeigte Anac, dass „auch die Scheinwerfer, die normalerweise nicht auf uns geleuchtet haben“, jetzt das Gaswerk im Blick haben. Ein nicht zu unterschätzender Effekt.
Augsburg als Alternative
Denn Kreativschaffende und Kunstschaffende haben es im nahegelegenen München weitaus schwerer bezahlbare Räume zu finden. Warum also nicht nach Augsburg ausweichen? Oder gar in Augsburg bleiben? Anfragen von verschiedenen Veranstaltenden erreichten Anac und sein Team in den letzten Monaten. Auch mehrere Kunstschaffende und Agenturen suchten beim Gaswerk neue Büros oder Atelierräume. Und die Aufmerksamkeit brachte noch einen anderen Effekt mit sich.
„Wir sind komplett ausgebucht für unsere Festivals für das nächste Jahr“, so Anac. Nur noch ganz kleine Lücken seien frei. Auf ein kommendes Konzert ist Anac besonders stolz: Rapper Cro schaut im August nächsten Jahres für ein Open Air vorbei. Die Größenordnung von Kreativschaffenden, die sonst nur in der bayerischen Landeshauptstadt vorbeischaut. Doch es soll nicht nur Popmusik sein.
Im Herbst fand ein zeitgenössisches Klassik-Festival statt, dem ein Design-Thinking-Workshop vorausging. Das Ziel des Workshops: Welches Gebäude eignet sich besonders für klassische Musik? Denn obwohl mit der Brechtbühne des Staatstheaters Augsburg im Ofenhaus bereits Hochkultur auf dem Areal einen Platz hat, war das Festival eine Premiere in dieser Sparte. Und sollte junge Leute für die Klassik begeistern. Das Programm am 11. September 2022 verband klassische und kubanische Musik, Kunstinstallation und Werkstattcharakter. „Hier sind einfach schon viele beeindruckende Dinge passiert, die uns sehr stolz machen, dass wir so ein tolles Gelände haben“, sagt Anac. Das Großartige sei eben die Vielfalt, was sich auf dem Gelände für alle Altersgruppen umsetzen lasse. „Man kann sich jedes Mal bei uns neu erfinden, obwohl man das gleiche Produkt anbietet.“ So war das Jugendfestival Modular vor drei Jahren noch ein ganz anderes Festival als 2022.
Wer einmal da war, kommt wieder
Sieben Hektar Gelände bieten undenkbar viele Möglichkeiten. Wer einmal auf dem Gaswerk war, kommt sehr gerne für die nächste Veranstaltung wieder. Alle Gebäude, die zu vermieten sind, sind derzeit vermietet. Kultur- und Kreativwirtschaft hat auf dem Gaswerkareal ihr Zuhause gefunden. Was die Mieterinnen und Mieter derzeit beschäftigt? Das fehlende Publikum und die Energiekrise.
Wahrscheinlich lassen die Menschen dann eher die Theaterkarte weg, wenn die Energiekosten steigen. „Das wird uns die nächsten Monate begleiten. Und die Karten für Veranstaltungen werden ja nicht billiger. Die Veranstaltenden kämpfen selbst mit den gestiegenen Kosten.“ Auf der anderen Seite: Auch die Mieterinnen und Mieter auf dem Gelände treffen die hohen Preise für Energie. Das Gaswerk gehört zwar den Stadtwerken Augsburg, aber auch sie müssen zu derzeit hohen Preisen die Energie einkaufen und an ihre Kundschaft weitergeben. Das wirkt sich auch auf die Mietpreise des Gaswerks aus. Doch wo sich Kreativität sammelt, finden Menschen Wege, um solche Probleme zu überwinden.
Eine Auszeichnung wie der Staatspreis für bayerische Kreativorte kann einen Schub geben, eine Motivation sein. „Wenn du einen tollen Ort hast, der zum Preis passt, dann bewirb dich“, sagt Anac. Es ist nicht viel Aufwand. „Und der Preis bringt einen nur weiter, wenn man ihn gewinnt.“ Bei den Zahlen darf es für Anac beim Staatspreis außerdem nach oben gehen: „Wenn aus den 180 Bewerbungen im nächsten Jahr 300, 400 Bewerbungen werden, das wäre schon schön.“
Anac und sein Team sind stolz und werden das Gaswerk in den nächsten Jahren weiterentwickeln. Denn so ein Kreativort steht niemals still.