„Wir machen das jetzt geil“

Wie eine Breakdance-Crew die Kreativwirtschaft in Schweinfurt anstößt

Die DDC Factory gehört zu den aufstrebenden und spannenden Kreativorten in Nordbayern. Schweinfurt, bekannt für sein Theater und seine Museen, beheimatet mit dem Gebäude einen Ort des Austauschs für Kreative. Doch Austausch meint bei der DDC Factory auch Unterstützung für professionelle Kreativarbeit und Tanz. Bis dahin war es ein langer Weg, der mit einer Bruchbude auf einem Kasernengelände anfing. Und in diesem Jahr den Staatspreis für bayerische Kreativorte gewinnt.

In fast jeder Ecke fanden sich Spinnennetze. Durch das Dach regnete es rein. Es roch nach Nässe. Alte, schwarze Fitnessmatten waren auf dem Boden verklebt und nur mit Brecheisen zu entfernen. Strom gab es nicht. Wer genauer hinsehen wollte, brauchte eine Taschenlampe. Viele Leute hätten in so einem Gebäude nicht genauer hingesehen. Doch die Dancefloor Destruction Crew, kurz DDC, tat es trotzdem. Die Schweinfurter Breakdance-Showgruppe DDC sah dort eine Chance. Schon lange wollten sie einen Raum für kreativen Austausch und fürs gemeinsame Training finden. Diese Sportstätte auf dem Kasernengelände der ehemals in Schweinfurt stationierten US-Streitkräfte nutzbar zu machen, bedeutete Arbeit, viel Arbeit, das war nach den ersten Einblicken klar. Aber DDC packte es einfach an. Heute sprechen sie von ihrem neuen Zuhause.

Viel Fläche – was nun?

„Wir sind dann rein und haben gesehen: Es ist total heruntergekommen“, sagt Marcel Geißler. Der 29-Jährige ist CEO im Management der DDC Entertainment Group, der „Anlaufstelle in allen Fragen des Entertainments im Event- und Veranstaltungsbusiness“, wie es auf der Homepage heißt. Die Firma setzt sich aus drei Bereichen zusammen – einmal der Showgruppe der DDC Breakdancer (bei denen Geißler tanzt), der DDC Vision, die Kunstschaffende bei Inszenierung, Marketing und Entwicklung von Show-Konzepten und bei der Erstellung von Content unterstützt. Den dritten Bereich bildet die DDC Factory. Tanzschule, Kreativzentrum und Produktionsstätte. Und eben jenes Gebäude auf dem ehemaligen Kasernengelände.

Bereits 2012 wurde bekannt, dass die US-Armee den Standort Schweinfurt auflösen wird. Ein halbes Jahr später berichtete die Zeitung Die Welt über die anstehenden Herausforderungen. Entwicklungsraum gebe es kaum innerhalb der Stadtgrenzen, bezahlbarer Wohnraum sei knapp, von einem Business-Campus sei die Rede – viel Potenzial also. Es war klar, dass es ein langer Prozess sein wird, die freigewordenen Flächen für die Zukunft zu erschließen.

Die US-Armee schloss den Standort Schweinfurt dann im September 2014. Rund zwei Jahre später kaufte die Stadt Schweinfurt ein knapp 20 Hektar großes Areal, das zweieinhalb Kilometer entfernt vom Stadtzentrum liegt – mit eben jener Sportstätte, in der sich heute die DDC Factory befindet. Das sogenannte Yorktown Village ist eine kleine Wohnsiedlung mit Doppelhäusern im Norden, daneben liegt das Kessler Field, das die US-Streitkräfte vor allem als Ort für Bildung und Sport nutzten und wo die heutige DDC Factory steht.

Vom kleinen Projekt zum Kreativspot

„Am Anfang hatten wir gar nicht vor, alle Räume wieder herzurichten“, so Geißler. Zuerst sollte es nur ein einziger Raum für die Proben der DDC sein. Bis die Stadt das Gebäude abreißen wollte, waren es ursprünglich vier Jahre. Bald stellte sich den Mitgliedern die Frage: Können wir nicht alle Räume nutzen, zum Beispiel für Fotografie, Musik, Büro? „Wir hatten so viele Ideen, dass wir beim Grand Opening den ganzen Stadtrat und den Oberbürgermeister überzeugen konnten, dass das Gebäude bleiben muss.“ Das war 2019. Zuvor gab es Überlegungen über einen möglichen Abriss. Vom kleinen Projekt fürs eigene Training hin zum Kreativspot in Schweinfurt. Wie ist das passiert? „Manchmal sind wir ein wenig übermütig und packen es einfach an. Wir haben hier blindlings investiert und uns gesagt: Wir machen das jetzt geil.“

Die DDC Factory besteht heute aus einer Arena, einem Fotostudio, einem Co-Working-Space, einem Tonstudio und weiteren Räumen. Allein das Tanz-Studio und jener Ort, an dem früher die schwarzen und feuchten Fitnessmatten lagen – ist 260 Quadratmeter groß. Jetzt finden hier Tanz- oder Yogakurse in angenehmer Atmosphäre statt, aber auch Veranstaltungen für Kulturschaffende wie die Kulturkonferenz der Stadt Schweinfurt. Auch kleine Videoproduktionen oder Bandproben finden hier Raum.

Wissen und Wirtschaftlichkeit

„Am Anfang hatten wir gar nicht vor, alle Räume wieder herzurichten“, so Geißler. Zuerst sollte es nur ein einziger Raum für die Proben der DDC sein. Bald stellte sich den Mitgliedern die Frage: Können wir nicht alle Räume nutzen, zum Beispiel für Fotografie, Musik, Büro? „Wir hatten so viele Ideen, dass wir beim Grand Opening den ganzen Stadtrat und den Oberbürgermeister überzeugen konnten, dass das Gebäude bleiben muss.“ Das war 2019. Zuvor gab es Überlegungen über einen möglichen Abriss. Als dies kein Thema mehr war, bremste Corona die Entwicklung: Tanzschule zwischenzeitlich geschlossen. Doch die DDC machte einfach weiter. Und meisterte die Herausforderungen.

Vom kleinen Projekt fürs eigene Training hin zum Kreativspot in Schweinfurt. Wie ist das passiert? „Manchmal sind wir ein wenig übermütig und packen es einfach an. Wir haben hier blindlings investiert und uns gesagt: Wir machen das jetzt geil.“

Die DDC Factory besteht heute aus einer Arena, einem Fotostudio, einem Co-Working-Space, einem Tonstudio und weiteren Räumen. Allein das Tanz-Studio – jener Ort, an dem früher die schwarzen und feuchten Fitnessmatten lagen – ist 260 Quadratmeter groß. Jetzt finden hier Tanz- oder Yogakurse in angenehmer Atmosphäre statt, aber auch Veranstaltungen für Kulturschaffende wie die Kulturkonferenz der Stadt Schweinfurt. Auch kleine Videoproduktionen oder Bandproben haben hier Raum.

Eine eigene Base

Die DDC Breakdancer sind nicht nur zweifache Weltmeister in ihrem Fach, sondern treten in spektakulären Shows auf, gehen mit Florian Silbereisen auf Tour und waren bei einem Charity-Event mit Barack Obama in Kenia dabei. Firmenevents, Festivals, Fernsehproduktionen – die Liste ist lang. Auch was alle Abläufe hinter der Bühne angeht.

Ihr Unternehmen hat in der DDC Factory nach mehr als zwanzig Jahren seit Gründung der Crew eine eigene Base. Das Team besteht aus neun Mitarbeitenden (Gesellschafter & Angestellte) und weiteren freischaffenden Künstlerinnen, Künstlern, Tänzerinnen und Tänzern aus Schweinfurt, welche fester Bestandteil der Crew sind. Für jedes kreative Projekt hat die DDC so die passende Kontaktperson im Netzwerk. Was sie für Unternehmen aus Schweinfurt interessant macht, die kreative Dienstleistungen brauchen.

Marcel Geißler kam selbst 2006 zur DDC – noch als Schüler. Bereits 2010 übernahm er das Management, während des Abiturs. Autodidaktisch baute er in Absprache mit dem Team ein professionelles Management auf. Die Gruppe dafür hat dann geschaut, was sich so machen lässt. Eine ganze Menge, wie sich Jahre später zeigt.

„Schweinfurt ist Kreativwirtschaft“

Doch was bietet Schweinfurt für Kreativschaffende und Tanzende? Im Vergleich zu mancher Metropole mag Schweinfurt zwar wie ein Dorf wirken, aber es lässt sich dort besser in Ruhe arbeiten. Das Überangebot großer Städte wie Berlin sorgt dagegen eher für Stress: Man könnte ja gerade was verpassen. Und mit dem Gedanken arbeitet es sich nicht gut.

Aber wie steht es generell um die Kultur- und Kreativwirtschaft in Schweinfurt? Im Dezember 2019 widmete sich das IHK-Magazin Wirtschaft in Mainfranken der Kreativwirtschaft in der Region. Rund 6.500 Unternehmen zählt die IHK Würzburg-Schweinfurt in diesem Bereich. Von dieser Anzahl an Unternehmen findet sich knapp die Hälfte in Stadt und Landkreis Würzburg. Stadt und Landkreis Schweinfurt folgen zwar direkt, allerdings mit Abstand und rund 17 Prozent. Vor allem der Werbemarkt und die Designwirtschaft sind die bedeutendsten Teilmärkte der mainfränkischen Kultur- und Kreativwirtschaft. Und da nun mittendrin die DDC Factory in Schweinfurt, die weit mehr als nur einen wirtschaftlichen Faktor darstellt.

„Schweinfurt ist Kreativwirtschaft“, sagt Andrea Brandl. Die 59-Jährige ist die Kulturamtsleiterin der Stadt. „Schweinfurt ist eine lebendige Stadt.“ Zwischen der freien Kulturszene und der städtischen Kultur besteht laut Brandl eine enge Zusammenarbeit. „Mein Motto ist hier auch: Nur gemeinsam sind wir stark.“ Gewachsene Strukturen bei Festivals wie „Die Nacht der Kultur“ öffnet man bewusst, um produktiv zusammenzuarbeiten. Mit der DDC Factory läuft zudem ein Projekt zu Street Art. „Da haben beide Einrichtungen gemeinsame Entwicklungen, die uns zu guten Ergebnissen führen werden, um ein junges Publikum anzusprechen.“

Was die DDC bereits geleistet hat, begeistert Brandl, besonders als Partner der Stadt für den Kultursommer auf dem Gelände im letzten Jahr. Das große Spektrum an Programm für jedes Alter überzeugt sie. „Da ist überhaupt ganz großes Potenzial – auch mit Blick auf die Stadtentwicklung in den nächsten Jahren.“ Brandl nennt die Frage selbst den Klassiker, der dahintersteckt: „Wie können sich Städte außerhalb der Grenzen ihrer historisch gewachsenen Stadtbefestigung erweitern?“ Die DCC Factory ist eine Antwort darauf.

Silicon Valley für Kreative als Selbstverständnis

Aber entsteht so kreativwirtschaftliche Leistung? „Sicher.“, sagt Brandl sofort. „Allein der Kultursommer im letzten Jahr auf dem Kessler Field, in direkter Nähe der DDC Factory, hat profitiert, weil die DDC im Bereich der Öffentlichkeitsarbeit – Stichwort Social Media – Hervorragendes leistet.“ Inmitten der Pandemie kamen so zum Kultursommer im letzten Jahr 10.000 Gäste zu 30 Veranstaltungen. „Die DDC hat den Kultursommer sogar einer Marktforschung unterzogen – da kamen wir darauf, dass wir Gäste jeden Alters in einem Umkreis von 150 Kilometern ansprechen“, sagt Brandl.

„Wir sind sehr stolz, dass die Stadt Schweinfurt einem hoch professionellen, erfolgreichen Kultur- und Kreativunternehmen ein Zuhause bietet, das solch internationale Strahlkraft hat“, so Brandl in ihrer Laudatio zur Verleihung des ersten Staatspreises für bayerische Kreativorte. Neben drei weiteren Kreativorten erhält die DDC Factory die Auszeichnung in diesem Jahr.

In Zukunft möchte die DDC die Bekanntheit und das Potenzial ihrer Factory noch mehr nach vorne bringen. Derzeit suchen sie weitere Mitarbeitende, um mehr Kapazitäten für Projekte zu schaffen. Übernachtungsmöglichkeiten sollen in der Factory entstehen. Ein Silicon Valley für Kreative, das ist das Selbstverständnis. Ein hohes Ziel. Dass sich die DDC mehr als wohl in ihrer Base fühlt, zeigt sich auch abseits des offiziellen Programms – Marcel Geißler und seine Frau heirateten dort.