Rückblick 2020
Die Corona-Pandemie hat die bayerische Kultur- und Kreativwirtschaft (KuK) schwer getroffen. Das ergibt eine Analyse der wirtschaftlichen Schäden im Auftrag des Bayerischen Zentrums für Kultur- und Kreativwirtschaft/Bayern Innovativ GmbH. Um insgesamt 5,7 Milliarden Euro bzw. 14 Prozent auf 34 Milliarden Euro sanken die Umsätze im Jahr 2020. In den Auswirkungen der Krise offenbaren sich jedoch deutliche Unterschiede.
Betroffen ist insbesondere die Kulturwirtschaft[1], wo die Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie das Wirtschaftsgeschehen empfindlich stören. Das Erleben von Kunst und Kultur vollzieht sich zu großen Teilen im physischen Raum, der als Interaktionsfläche, bedingt durch Kontaktbeschränkungen und Lockdown, nicht oder nur eingeschränkt verfügbar war und weiterhin ist. Der Umsatzrückgang in der bayerischen Kulturwirtschaft beläuft sich so auf 22 Prozent und drückt das Umsatzniveau von 22,2 Milliarden Euro im Jahr 2019 auf 17,4 Milliarden Euro 2020. Demgegenüber fällt der Umsatzrückgang von 5 Prozent in der Kreativwirtschaft mit den Teilmärkten Software/Games und Werbung deutlich geringer aus. Zum Tragen kommt hier vor allem die Stärke der Kreativwirtschaft im Digitalgeschäft.
Auch innerhalb der Kulturwirtschaft selbst variieren die Umsatzeinbußen beträchtlich. Schwer beschädigt ist die Darstellende Kunst mit einem Umsatzrückgang von 85 Prozent im Jahr 2020, gefolgt vom Kunstmarkt (-46 Prozent), der Musikwirtschaft (-45 Prozent) und der Filmwirtschaft (-43 Prozent). Weniger gravierend sind die Auswirkungen bislang auf dem Architekturmarkt (-6 Prozent) und auf dem Buchmarkt (-7 Prozent). Die Betroffenheit der Branche wird besonders eindrücklich, zieht man einen Vergleichsmaßstab heran. So fallen die Darstellende Kunst, der Kunstmarkt und die Filmwirtschaft in ihrer Umsatzentwicklung um mehr als zehn Jahre zurück auf ein Niveau von vor 2009. Gleiches gilt für den Pressemarkt. Die Rundfunkwirtschaft als zweitgrößter Teilmarkt der Branche, gemessen am Gesamtumsatz, fällt immerhin noch auf das Jahr 2013 zurück. Die Wertverluste in Summe sind erheblich.
Ausblick 2021
Auch 2021 verspricht ein herausforderndes Jahr zu werden. Abhängig von Pandemieverlauf, Impferfolg und Bekämpfungsmaßnahmen, ergeben sich laut Analyse für die Kultur- und Kreativwirtschaft in Bayern drei Szenarien der Betroffenheit. Zu erwarten sind demnach gegenüber dem Vorkrisenjahr 2019 Umsatzverluste von 2,4 Milliarden Euro bzw. 6 Prozent (Szenario Kurzer Lockdown) bis zu 7 Milliarden Euro bzw. 18 Prozent (Szenario Zwei Lockdowns). Das dritte Szenario beruht auf der Annahme eines langen Lockdowns (Szenario Langer Lockdown) und wirkt mit einem Umsatzrückgang von 12 Prozent oder 4,6 Milliarden Euro mittelschwer.
Gegenüber dem zurückliegenden Jahr 2020 sind – ausgenommen des Szenarios eines wiederholten Lockdowns – Erholungseffekte zu erwarten, die sich zwischen 3 Prozent (Langer Lockdown) und 10 Prozent (Kurzer Lockdown) bewegen. Nach zunächst deutlichen Umsatzverlusten im ersten Quartal, bedingt u. a. durch fortwährende Veranstaltungsausfälle, Einzelhandelsschließungen, Verluste durch Produktionsstopps und Verschiebungen von Neuveröffentlichungen, wird für alle drei Szenarien von einer langsamen Erholung in den Folgemonaten ausgegangen. Dennoch wird es auch hier deutliche Unterschiede zwischen den Teilmärkten geben, etwa durch nachgelagerte Schäden wie sie beispielsweise die Einnahmeausfälle der Verwertungsgesellschaften[2] für den Kunstmarkt, Musikmarkt, Buchmarkt und die Filmwirtschaft darstellen.
Konsequenzen
Die Ergebnisse der Analyse unterstreichen die Notwendigkeit staatlicher Unterstützung. Monatelange Geschäftsschließungen, anhaltende Auftragsstornierungen und daraus folgende Einnahmeausfälle bedeuten für viele Soloselbstständige sowie Klein- und Kleinstbetriebe existenzielle Not. Der Freistaat Bayern hat im Ländervergleich erhebliche finanzielle Ressourcen mobilisiert, um die Wirtschaft und damit auch die Kultur- und Kreativwirtschaft zu unterstützen.
Darüber hinaus gilt es Perspektiven zu schaffen und die Kultur- und Kreativwirtschaft als kritische Ressource wirtschaftlicher und gesellschaftlicher Transformation zu fördern. Hilfen zur Überbrückung unverschuldeter wirtschaftlicher Schieflagen infolge der Corona-Krise sind daher nicht als Subventionen einer bedürftigen Branche, sondern als notwendige Investitionen in die Zukunft des Wirtschaftsstandorts Bayern zu verstehen. Die Kraft der Kultur- und Kreativwirtschaft hat der 2. Bayerische Kultur- und Kreativwirtschaftsbericht, veröffentlicht just vor Ausbruch der Pandemie, eindrücklich dokumentiert. In der Ermöglichung und Ausgestaltung einer neuen, den Herausforderungen der Gegenwart gewachsenen Normalität, kommt der Branche eine besondere Bedeutung zu. Der kreative Prozess funktioniert dabei oft als entgrenzendes Element, das bestehende Ordnungsstrukturen (Sektoren, Branchen, Funktionen usw.) durchbricht und im dichten Wertschöpfungsgeflecht jenseits etablierter Grenzen neue Handlungs-, Bedeutungs- und Wirtschaftszusammenhänge herstellt. Damit trägt die Kultur- und Kreativwirtschaft in Bayern in erheblichem Maße zur Prosperität des Landes bei.
Stellungnahme Staatsminister Aiwanger
[1] Wie der Branchenbegriff erkennen lässt, setzt sich die Kultur- und Kreativwirtschaft in Deutschland aus zwei Bereichen zusammen: der Kultur- und der Kreativwirtschaft. Zu der Kulturwirtschaft zählen Musikwirtschaft, Buchmarkt, Kunstmarkt, Filmwirtschaft, Rundfunkwirtschaft, Darstellende Kunst, Designwirtschaft, Architekturmarkt sowie Pressemarkt. Die Software-/Games-Industrie und der Werbemarkt bilden zusammen die Kreativwirtschaft.
[2] Die Verteilungspläne der Verwertungsgesellschaften sehen vor, dass die Ausschüttungen der Erträge an Urheberinnen und Urheber mit zeitlichem Verzug erfolgen. Die Einnahmeausfälle aus 2020 werden so erst in 2021 spürbar.