Hätten Sie’s gewusst? Deutschland ist einer der wichtigsten Märkte der Computerspielbranche. Und ein durchaus ernstzunehmender Standort für junge Kreative, die darin Fuß fassen wollen. Eine Podiumsdiskussion anlässlich der „Games Impact“ in Nürnberg befasste sich mit der Fragestellung, inwieweit Berufseinsteiger eigentlich auf die wirtschaftlichen Realitäten vorbereitet sind und welche Rahmenbedingungen die Branche benötigt.
Junge Spieleentwickler wollen vor allem eines: neue Games entwickeln. Sollten Hochschulen deswegen mehr für ihre wirtschaftliche Ausbildung tun? „Als Medienwissenschaftler schaut man natürlich erst mal auf andere Faktoren“, räumt Prof. Prof. Jochen Koubek von der Universität Bayreuth ein. Seine Kollegin Prof. Linda Breitlauch von der Hochschule Trier ist aber überzeugt, dass die meisten jungen Menschen heute ohnehin wissen, dass sie ihre Buchhaltung nicht selber machen und auch ihre Verträge nicht alleine aufsetzen sollten. Mit Seminaren, zum Beispiel zur Businessplanerstellung, vermittelt sie ihren Studenten zumindest die wichtigsten unternehmerischen Grundlagen für den Start ins Berufsleben.
Wie wichtig ist also das Gespür für Unternehmertum in kreativen Berufen wie der Entwicklung von Computerspielen? „Ich rufe die Hochschulen dazu auf, jedem Kultur- und Kreativschaffenden verpflichtend wirtschaftliche Perspektiven zu eröffnen. Wenn man das Handwerkszeug nicht vermittelt, kommen am Ende schlechtbezahlte junge Leute auf den Markt, die abhängig sind von anderen, die an ihren Leistungen gut verdienen!“ Mit seiner bewusst provokant formulierten Aussage will Dirk Kiefer, Leiter des Bayerischen Zentrums für Kultur- und Kreativwirtschaft, der Podiumsdiskussion im Rahmen des Symposiums „Games Impact“ in Nürnberg einen Impuls geben. Hans Ippisch, der mit der Computec Media GmbH eines der größten bayerischen Medienunternehmen leitet, antwortet mit einem Blick auf die Praxis: „Ein Start-up, das nur aus Grafikern, Designern und Musikern besteht, ist schnell zum Scheitern verurteilt. Es ist aber auch nicht immer gut für die Produkte, wenn alle Mitarbeiter eines Unternehmens nur die Wirtschaftlichkeit im Blick haben. Wirtschaftliche Know-how muss vorhanden sein, aber nicht unbedingt bei den Kreativen liegen“, so der Unternehmer.
Mit rund 2,6 Mrd. Euro ist Deutschland der größte Markt für Games in Europa. Die steigende Verbreitung von Smartphones und Tablets ist Motor für große Wachstumsraten – so legte der deutsche Games-Markt nach Informationen des Bundesverbandes Interaktive Unterhaltungssoftware (BIU) 2014 erneut um 11 % zu. Ein Spezifikum der Kultur- und Kreativwirtschaft, zu der die Gamesbranche zählt, ist, dass nur wenige Produkte erfolgreich werden. Als Beispiel nennt Dirk Kiefer die amerikanische Filmindustrie, wo auf einen Blockbuster 87 Flops kommen. „Die Blockbuster finanzieren also die kleinen Produktionen mit. Das zeigt, wie wichtig Förderung in diesem Bereich ist.“
Galt Bayern früher als Land, das Computerspielen eher kritisch gegenüberstand und ein vermeintlich nicht jugendfreies Spiel schnell mal auf den Index setzte, hat die Politik heute ein ganz anderes Verständnis für die Branche als noch vor zehn Jahren. Hans Ippisch, der Mitte der Achtziger als Spieleentwickler begann und auf 30 Jahre Erfahrung in der Branche zurückblickt, weiß warum: „Politiker wie Wirtschaftministerin Aigner sind selbst mit Computerspielen aufgewachsen und haben hier keine Berührungsängste mehr.“
Die Games Impact hat mit Podiumsdiskussion und anschließenden Workshops gezeigt, wie vielseitig die Gamesbranche ist. Nicht jeder junge Gamesentwickler muss gleich ein Start-up gründen. Es gibt genug etablierte Unternehmen, die begabte Kreative einstellen und ihnen attraktive Arbeitsplätze bieten. Eine gute Qualifikation – egal ob als Programmierer, Screendesigner oder Musiker – ist aber wie überall eine gute Eintrittskarte. Förderprogramme und Institutionen wie bayernkreativ unterstützen Freiberufler und Unternehmen dabei, ihre Ideen in erfolgreiche Produkte und Dienstleistungen umzusetzen.
Text: Christoph Kirsch,