#bayernkreativPORTRAIT: Alex Draheim, Gründer und Producer der BOXFISH Film- & Medienproduktion, will mit seinen Filmen Geschichten zu erzählen, die sonst nicht erzählt werden würden. Als Produktion für audiovisuellen Content produziert Alex mit seinem Team klassische konstruierte Werbung primär für den Outdoor- und Tourismusbereich – investieren ihre Zeit, ihre Skills und die Gewinne aber auch in Filme für nachhaltige, ethisch verantwortliche Unternehmen und Projekte. Dabei erleben sie regelmäßig prägende Perspektivwechsel, die ihren Blick auf die Welt stark beeinflussen. Wieso jede und jeder dazu beitragen kann, die Welt ein bisschen besser zu machen und wie der Fisch in die Box kam, erfährst du unter anderem in unserem neuen bayernkreativBEITRAG.
Alex Draheim
Lieber Alexander, ihr betreibt die Film- und Medienproduktion Boxfish GbR in Würzburg und in eurem Berufsalltag produziert ihr Werbung für B2B-Kundinnen und Kunden aus Industrie und Tourismus. Das ist noch längst nicht alles. Erzähl doch mal, was macht ihr noch?
Wir verstehen uns als Produktion für audiovisuellen Content, d. h. wir erstellen Film, Fotografie, 2D- & 3D-Animationen primär im Outdoor- und Tourismusbereich. Wenn wir gerade nicht für Unternehmen und öffentliche Einrichtungen unterwegs sind, nutzen bzw. spenden wir unsere Zeit und auch die Gewinne der Projekte, um Filme für NGOs und NPOs zu produzieren, die sich eine professionelle Produktion zum Normalpreis nicht leisten könnten. So haben wir unter anderem für Ärzte ohne Grenzen, Sea-Eye und Ikhaya le Themba (eine gemeinnützige Organisation in Südafrika, Anm. d. Red.) gearbeitet und planen gerade Projekte für den Naturschutzbund Deutschland und den Tierschutzbund. Neben der Missionsbegleitung von Sea-Eye haben wir die letzten Jahre genutzt, um den Film „Route 4“ zu produzieren und in die Kinos sowie im Oktober 2022 auf ProSieben zu bringen.
Über ein Jahr lang habt ihr die Einsätze der Seenotrettungsorganisation „Sea-Eye“ auf dem Mittelmeer begleitet und daraus ist der Dokumentarfilm „Route 4“ entstanden. Beim Drehen habt ihr dramatische Rettungsaktionen und menschliche Schicksale hautnah miterlebt. Wie geht ihr damit um?
Bei so etwas erlebt man auf jeden Fall einen Perspektivwechsel. Obwohl wir mit deutscher Flagge an den Grenzen Europas unterwegs waren, wurden wir zum hilflosen Spielball der Politik, indem die Einfahrt in Häfen trotz geretteter Personen an Bord über Tage hinweg und bei schrumpfenden Essens- und Wasserreserven verwehrt wurde. Trotzdem ist die Erfahrung, wirklich etwas zu bewirken und zu helfen, unersetzlich. Zu Hause sorgt man sich um Belanglosigkeiten wie Finanzen, Abgaben im Studium oder das Wetter. Das alles ist im großen Ganzen so irrelevant und führt dazu, dass man viel in Frage stellt. Vor allem der „Sinn“ in der Werbebranche wird komplett relativiert.
Du sprichst davon, dass ihr als Medienschaffende mit euren Skills dazu beitragen könnt, die Welt etwas besser zu machen. Wie sieht das konkret aus?
Wir sind keine Ärztinnen/Ärzte, Pilotinnen/Piloten, Kapitäninnen/Kapitäne. Wir können keine Häuser bauen oder Krankheiten heilen. Aber jeder Mensch hat Fähigkeiten, die er oder sie einsetzen kann, um Organisationen zu unterstützen. Das aktive Retten, in welchem Kontext auch immer, sollte den Profis überlassen werden. Aber jede NPO braucht auch Designerinnen/Designer, Buchhalterinnen/Buchhalter, ggf. Köchinnen/Köche, Handwerkerinnen/Handwerker etc. Wir können mit unserer Arbeit das Marketing unterstützen und Spenden generieren. Ohne Spenden keine Hilfe. Ich glaube also, dass jede und jeder im Großen wie im Kleinen mit anpacken kann. Manchmal ist der Ansatz naheliegender und simpler, als man denkt.
Gibt es Themen, Orte oder Personen, die du und dein Team unbedingt noch vor die Linse bekommen möchtet?
Grundsätzlich ist es uns wichtig, Geschichten zu erzählen, die sonst nie das Licht der Welt erblicken würden. Kein Thema ist wichtiger als das andere, gleichzeitig sind wir in unserer Zeit aber auch limitiert und schaffen meist „nur“ ein bis zwei Projekte pro Jahr. Am wichtigsten ist es aber, dass am Ende wirklich auch etwas bewirkt wird. Da würden wir unseren Fokus in den nächsten ein bis zwei Jahren gerne mehr auf die Tierwelt und den Klimawandel richten. Gleichzeitig sind aber auch “alte” Geschichten, wie die der Schutzsuchenden von „Route 4“, noch nicht zu Ende erzählt.
Euer Name „Boxfish“ klingt spannend. Wie kam der Fisch in die Box und was steckt dahinter?
Der Name hat vor allem eine Funktion: Danach gefragt zu werden und dann eine Geschichte zu erzählen. Denn das ist es, was wir tun :) Die möchte ich hier aber nicht vorwegnehmen und gebe sie gerne für jede und jeden persönlich wieder.
Jenseits davon: Der Boxfish (dt. Kofferfisch) ist ein knuffiger, würfelförmiger, Kugelfisch, der einen schmunzeln lässt. Googelt oder “ecosiatet“ das mal.
Verrätst du uns eure größte Herausforderung seit eurer Gründung vor fünf Jahren?
Ich glaube, hier teilen wir die Herausforderungen mit den meisten jungen Unternehmen in der Branche. Der Spagat zwischen Kunst und Unternehmertum. Zwischen Sinn und Funktion. Zwischen Bürokratie und einfach machen. Deutschland ist nicht das einfachste Land, um eine kleine, kreative Firma aufzuziehen, aber wir hatten Glück mit den Personen, die uns begleitet haben und Mentorinnen/Mentoren sowie Weggefährtinnen/Weggefährten waren.
An welchen Produktionen arbeitet ihr aktuell und was ist euer größter Wunsch für eure zukünftigen Film- und Medienproduktionen?
Wir wollen uns treu bleiben und noch mehr Projekte umsetzen, die wir für sinnvoll halten. Sowohl auf Passionsbasis als auch bei den “normalen” Jobs. Mehr nachhaltige, ethisch verantwortliche Unternehmen unterstützen, weniger konstruierte Werbung. Aber auf dem Weg sind wir seit Anfang an und wir werden ihn noch ein gutes Stück weiter gehen. Das Wichtigste in der Filmbranche sind aber die Kolleginnen und Kollegen, mit denen man arbeiten darf. Da hoffen wir auf guten Austausch und spannende Kontakte, mit denen wir unsere Ziele teilen können. Im Moment finalisieren wir eine Kurzdoku über eine große Diaspora in Europa und planen, zu dem Thema in den nächsten zwei Jahren einen Langfilm zu produzieren. Zu Sea-Eye wird es vielleicht auch noch mal etwas von uns geben. Ansonsten sind wir auch dankbar, viel für den Tourismus im Allgäu und Österreich unterwegs zu sein und freuen uns, auch in dem Feld weiterhin Leute und Regionen kennenzulernen, um den Lokaltourismus zu unterstützen.
Die bayerische Kultur- und Kreativwirtschaft ist vital, kooperativ, vielstimmig und zukunftsrelevant. Wir stellen dir bayerische Akteurinnen und Akteure vor. Wie gestaltet sich deren Geschäftsmodell? Was treibt sie an?
Du möchtest uns auch gerne ein paar Fragen beantworten und Teil unserer Kampagne „bayernkreativPORTRAIT“ sein? Dann schreibe uns gerne eine E-Mail an kontakt@bayern-kreativ.de mit dem Stichwort „bayernkreativPORTRAIT“.