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Kunst oder Kommerz? Und wie können sich Künstler vermarkten, ohne die „wahre“ Kunst aus den Augen zu verlieren? Das Symposium Kunstmarkt der Europäischen Metropolregion Nürnberg bot Galeristen, Museumsleitern, Kunsthistorikern, Mitarbeitern von Akademien und Hochschulen und nicht zuletzt den Künstlern eine Plattform zum Austausch, zum Netzwerken und zur Diskussion.

Lassen sich die Themen Kunst und Kunstmarkt trennen? Nein, sagt Dr. Dieter Rossmeissl. Als Beispiel dafür, dass Kunst immer auch einen Markt braucht, verweist der Kulturreferent der Stadt Erlangen und Geschäftsführer des Forums Kultur der Metropolregion Nürnberg gerne auf den großen fränkischen Renaissance-Maler, Grafiker, Mathematiker und Kunsthistoriker Albrecht Dürer. „Dürer hat nicht nur gemalt, sondern sich selbst auch immer hervorragend vermarktet“, so Rossmeissl, einer der Väter einer Symposien-Reihe zur Kultur- und Kreativwirtschaft, die seit 2011 jährlich im Historischen Rathaus Nürnberg jeweils einen der elf Teilmärkte beleuchtet. Die Reihe hat sich in den letzten Jahren zu einem vielbeachteten Treffpunkt der Kultur- und Kreativwirtschaft mit Anziehungskraft über die Grenzen der Metropolregion hinaus entwickelt. 2016 besuchten über 200 Teilnehmer das 6. Symposium, das in diesem Jahr den Kunstmarkt im Fokus hatte.

Mit der These, dass Gemälde, die ihr Publikum nicht erreichen, gesellschaftlich und kulturell unwirksam und letztendlich auch ökonomisch nicht erfolgreich sein können, leitete Rossmeissl geschickt zu einem der heißdiskutiertesten Themen der Kunstszene über – dem Spagat zwischen Kunst und Kommerz.

Bildersäale sollen Tempel sein!

Der Kunstmarkt ist in Deutschland mit 2,4 Milliarden Euro Umsatz ein durchaus bedeutender Markt. Am Anfang seiner „Wertschöpfungskette“ stehen die Künstler, doch an der Vermarktung der Kunst partizipiert ein breiter Personenkreis: Galeristen, Museumsleiter, Kunsthistoriker ebenso wie Professoren an Akademien und Hochschulen. Das Symposium Kunstmarkt sollte allen Vertretern eine Plattform zum Austausch, zum Netzwerken und zur Diskussion bieten.

Welchen Konstanten und welchen Veränderungen der Kunstmarkt in den vergangenen Epochen unterlegen ist, zeigte eine unterhaltsame Keynote des Kunsthistorikers Dr. Wolfgang Ullrich. „Die Geschichte des Kunstmarkts ist die Geschichte eines großen Missverständnisses“, so Ullrich bei seiner Begrüßung. „Vielen Menschen bereitet es seit jeher Bauchschmerzen, Kunst als Ware zu bezeichnen. Das Gehandelte wird oft nur gegen innere Widerstände einzelner Akteure gekauft und verkauft.“ So betrachten kunstreligiöse Vorstellungen ein Kunstwerk gar als etwas heils- und sinnstiftendes, das nicht mit einem Preis bewertet werden dürfe. Bildersäale sollten Temel sein, wo man in stiller und schweigender Demut die großen Künstler im Sonnenglanze ihrer entzückendsten Gedanken und Empfindungen bewundern solle.

Auf der anderen Seite gab es in der Geschichte immer wieder Plattformen, auf denen ganz unverkrampft mit der Vermarktung von Kunst umgegangen wurde. So waren im 17. Jahrhundert auf Märkten bei Lotterien, Würfelspielen oder Wettschießen häufig Meisterwerke zu gewinnen. „Das Beispiel Wettschießen zeigt, dass man damals ohne Interesse für Kunst aber mit besonderen Fähigkeiten Kunstbesitzer werden konnte“, schilderte Ullrich süffisant.

Dass man dem Thema Kunst contra Kommerz nicht allzu kritisch gegenüberstehen sollte, unterstrich Ullrich mit dem Hinweis darauf, dass viele große Ausstellungen und Messen in ihrer Geschichte reine Verkaufsplattformen waren. „Der Kaufpreis eines Kunstwerks gibt ihm einen klaren Rang“, so Ullrich. Aktuell veränderten die sozialen Medien die Bewertung von Kunst jedoch fundamental. „Heute beurteilen nicht mehr wenige Galeristen den Wert eines Kunstwerks, sondern oft eine breite Menge an Nutzern“. Formen der Wertsteigerung wie Reduzierung und Verknappung müssten dadurch neu interpretiert werden.


The making of „Desaster“

Julian Vogel alias Julian art+design erklärt Idee und Techniken des mit seinem Kollegen Thor van Horn geschaffenen Kunstwerks, das die Teilnehmer seiner Live-Performance spontan „Desaster“ getauft haben. Das Kunstwerk ist anlässlich des Symposiums Kunstmarkt der Europäischen Metropolregion Nürnberg beim Get together im bayernkreativHUB entstanden.

 


Lasst uns über Geld reden!

Durchaus kontroverse Standpunkte brachte eine von der Direktorin des Neuen Museum Nürnberg Dr. Eva-Christina Kraus moderierte Podiumsdiskussion hervor. So wollen sich Hochschullehrer nicht auf die betriebswirtschaftliche Ausbildung junger Künstler reduzieren lassen. „Jungen Leuten Marketing beizubringen ist Quatsch!“, äußerte der Präsident der Akademie der Bildenden Künste Nürnberg Prof. Ottmar Hörl bewusst provokant. „Irgendwann muss jeder Künstler die Karten auf den Tisch legen. Und wenn das Produkt Quatsch ist, dann ist es mit dem guten Marketing dahin!“, so Hörl. Der Nürnberger Galerist Laurentiu Feller nutze die Anwesenheit von Vertretern aus Politik und Verwaltung, um mehr Unterstützung für Künstler in Nürnberg zu fordern, zum Beispiel bei Ateliers und Ausstellungsflächen.

Die richtigen Kontakte

Sicherlich kann man mit gutem Marketing nicht über fachliche Schwächen hinwegtäuschen. Dennoch ist es für Künstler wichtig, sich richtig zu vermarkten. Nun ist Geld zwar auch in der Kunst nicht Alles. Doch auch ein Künstler muss nun mal von etwas leben, um sich seiner Passion zu widmen. Mit vier Themencafés bot das Symposium Kunstmarkt konkrete Antworten auf wichtige Fragen: Wie können Menschen in den Kunstmarkt einsteigen? Wie können sich Künstler vermarkten? Wie die richtigen Netzwerke aufbauen? Und welche Chancen und Risiken bietet die Internationalisierung?

Zum Handwerkszeug zählen Fähigkeiten wie eine Steuererklärung anfertigen zu können oder die geeigneten Stipendien zu kennen. Eine besonders wichtige Rolle, um erfolgreich zu sein, spielen aber die richtigen Kontakte. „Ohne Empfehlung geht gar nichts!“, äußerten sich viele Teilnehmer in dem von der bayernkreativ-Expertin Stephanie Hock und dem Street Art-Künstler Julian Vogel moderierten Themencafé. „Noch kein Galerist ist aktiv auf mich zu gekommen, und selbst eine gute Mappe hat mir noch keine Tür geöffnet“, so ein Akademie-Student. Ein wichtiger Schritt ist daher, aktiv die richtigen Anlässe zu schaffen. Julian Vogel, der als Street Art und Performance-Künstler internationale Aufträge erhält, rät deswegen, relevante Events, Messen und Ausstellungen zu besuchen und das Gespräch zu suchen.

Einen guten Galeristen kann man zwar auch per Zufall in der Straßenbahn kennenlernen, doch wahrscheinlicher wird man ihm auf einer Ausstellung vorgestellt und kann ihn dort von seinen Qualitäten überzeugen. Das Symposium Kunstmarkt zeigte, dass man keine Angst vor dem Kunstmarkt haben muss. In der Geschichte benutzten Künstler immer wieder den Markt, um zu Geltung zu gelangen – und weil sich Märkte ändern, liegt es an den Akteuren, die jeweiligen Spielregeln geschickt zu interpretieren.

 


Der Slogan „Heimat für Kreative“ ist für die Europäische Metropolregion Nürnberg Programm. Die jährlich von der EMN ausgerichteten Symposien zur Kultur- und Kreativwirtschaft beleuchten jeweils eine der elf Teilbranchen. Über 200 Teilnehmer beim Symposium Kunstmarkt im Jahr 2016 zeigen, dass die Reihe bei Kultur- und Kreativschaffenden aus Bayern und darüber hinaus mittlerweile einen festen Platz im Terminkalender hat.

Symposien 2011-2016

  • „MUSIKWIRTSCHAFT” und „FESTIVALS” (2011)
  • „DESIGNWIRTSCHAFT“ (2012)
  • „MARKT DER DARSTELLENDEN KÜNSTE // Freie Theater & Freie Szene” (2013)
  • „BUCHMARKT“ (2014)
  • „SOFTWARE- & GAMESINDUSTRIE“ (2015)
  • „Kunstmarkt“ (2016)

Informationen und Dokumentationen stellt die EMN im Internet bereit